«The way of Haris Tabaković»

17. Aug. 2023

CSSL

Vor einigen Monaten lancierte die Swiss Football League (SFL) ein neues Format mit dem Titel «The Way of...». Dabei steht ein Spieler im Mittelpunkt, der aus der Credit Suisse Super League (CSSL) oder der dieci Challenge League (DCL) den Sprung ins Ausland schaffte und heute noch in der Fremde spielt. Den zweiten Auftritt in diesem Format hat Haris Tabaković aus Grenchen, der heute für Hertha BSC in der 2. Bundesliga spielt.

Den ersten Auftritt im neuen Format hatte Charles Pickel, der kürzlich in Italien mit Cremonese von der Serie A in die Serie B abgestiegen ist. In der zweiten Runde ist die Bühne frei für den 29-jährigen Haris Tabaković aus Grenchen, der kürzlich von Wien nach Berlin wechselte und bei Hertha BSC in der 2. Bundesliga einen Vertrag bis 2026 unterschrieb.

Haris Tabaković entwickelte sich in der vergangenen Saison zu einem der gefährlichsten Stürmer in der österreichischen Bundesliga. In 42 Pflichtspielen für Austria Wien hatte er 21 Tore erzielt und 4 Vorlagen geliefert.

Aus der Schweiz über Ungarn und Österreich nach Deutschland
Die Karriere von Tabaković ist aussergewöhnlich. Der gebürtige Grenchner stammt aus der Nachwuchsabteilung des BSC Young Boys. Im Jahr 2012 stand er erstmals für die Berner im Kader der 1. Mannschaft. Doch trotz starker Leistungen in den Nachwuchsmannschaften gelang es Tabaković nicht, sich bei YB durchzusetzen.

Im Jahr 2014 wurde er an den FC Wil 1900 in die Challenge League ausgeliehen und machte erneut mit guten Leistungen auf sich aufmerksam. Eineinhalb Jahre später wechselte er schliesslich zum Grasshopper Club Zürich. Bei den Zürchern kam er auf 34 Einsätze in der Super League, bevor er im Sommer 2017 etwas überraschend zu Debreceni in Ungarn wechselte.

Richtige Zeit, richtiger Ort
Über Diosgyor, ebenfalls in Ungarn, landete Tabaković 2020 bei Austria Lustenau in der 2. österreichischen Bundesliga. Hier erlebte er einen wahren Höhenflug und erzielte in 48 Spielen unglaubliche 46 Tore. Im Sommer 2022 folgte dann der logische Wechsel in die höchste Liga des Landes, zu Austria Wien. Der Rechtsfüsser, der als Stürmer oder etwas hängend eingesetzt werden kann, erzielte in der Saison 2022/23 in 29 Liga-Spielen 17 Tore für die Wiener Austria.

Doch nicht nur bei den Austria-Fans avancierte er zum Liebling, auch seine Mannschaftskameraden feierten ihn. So meinte zum Beispiel sein ehemaliger Teamkollege aus Wien, Dominik Fitz: «Haris ist eine Maschine. Ich muss ihm nur die Bälle zuspielen. Wenn er so einen Lauf hat, wird er nicht mehr lange bei uns sein.»

Und so kam es auch. Die hervorragenden Leistungen in Österreich sorgten dafür, dass die Verantwortlichen von Hertha BSC die Ausstiegsklausel für den 29-jährigen Schweizer Stürmer bezahlten und ihn im Sommer 2023 verpflichteten. An der Spree erhielt der 1,94-Meter-Mann einen Vertrag bis 2026.

Kandidat für die Schweizer Nationalmannschaft?
Für die Schweizer U18- und U19-Nationalmannschaften bestritt Tabaković 10 Spiele. Während dem schweizerisch-bosnischen Doppelbürger auf dieser Stufe noch keine Tore gelangen, bewies er in der U21-Nati sein Talent und schoss in 15 Spielen 6 Tore. Nun bleibt abzuwarten, ob Tabaković  auch in Berlin glänzen wird und der Schweizer Nationaltrainer Murat Yakin nicht umhin kommt, ihn für die A-Nati aufzubieten.

Den Abschluss dieses Formats bildet wie immer das exklusive Interview mit dem Spieler. 13 Fragen zu seiner fussballerischen Karriere und 5 Fragen zu seinen persönlichen Interessen. Viel Vergnügen beim Lesen.

  • Herzlichen Glückwunsch zu deinem Wechsel zu Hertha BSC. Welche Ziele hast du bei deinem neuen Klub? Als Mannschaft und persönlich?

Hertha BSC ist ein sehr grosser Verein. Unser Ziel als Mannschaft ist ganz klar, den Verein wieder dahin zu bringen, wo er hingehört, nämlich in die Bundesliga. Wir wollen als Mannschaft gemeinsam gewinnen und vor allem zusammenwachsen, denn es gab den einen oder anderen Wechsel in der Mannschaft und es sind einige neue Spieler dazugekommen. Mein persönliches Ziel ist es natürlich, fit und gesund zu bleiben und mich Schritt für Schritt im Verein und in der Stadt zu akklimatisieren. Berlin ist eine riesige Stadt und bietet viel, deshalb will ich mit meiner Freundin die Stadt erkunden und richtig kennenlernen. Ich bin mir aber auch bewusst, dass man einen Stürmer in der Hoffnung auf Tore verpflichtet, also möchte ich versuchen, so viele Einsatzminuten wie möglich zu bekommen und auch Tore zu erzielen, wie ich es in den letzten Jahren getan habe, um der Mannschaft so weit wie möglich zu helfen.

  • Inwieweit hat dir deine fussballerische Ausbildung in der Schweiz geholfen, eine erfolgreiche Karriere im Ausland zu machen?

Ich denke, die Fussballausbildung in der Schweiz ist stark und auf einem hohen Niveau. Junge Spieler, die den Durchbruch in der 1. Mannschaft schaffen und dann für hohe Ablösesummen ins Ausland transferiert werden, sind das beste Beispiel dafür. Auch wenn ich persönlich nicht die Traumkarriere hatte, von der viele träumen, nämlich den direkten Sprung in eine Top-Liga zu schaffen, denke ich doch, dass mir die Fussballausbildung in der Schweiz sehr geholfen hat.

  • Mit 23 Jahren hast du recht früh den Sprung ins Ausland gewagt. Denkst du, es war der richtige Zeitpunkt? Würdest du es heute wieder so machen und anderen empfehlen?

Das stimmt, ich habe den Sprung ins Ausland schon ziemlich früh gewagt, vor allem weil ich meine damalige Komfortzone verlassen wollte. Es war mir wichtig, einen Neuanfang zu machen und bei Null anzufangen. Mir war damals bewusst, dass mein Name in der Schweiz etwas in der Versenkung verschwindet, deshalb wollte ich unbedingt in ein neues Land gehen, um viele Tore zu schiessen und mich neu zu beweisen. Sowohl körperlich als auch mental fühlte ich mich gerüstet, um mich im Ausland zu etablieren. Und ich bereue das überhaupt nicht, denn neben dem fussballerischen Erfolg, den ich im Ausland erzielen konnte, habe ich gelernt, Verantwortung zu übernehmen und auf eigenen Beinen zu stehen. Das würde ich auch heute wieder so machen.

  • Wie wichtig ist es für junge Spieler, in der Schweiz Erfahrungen zu sammeln, bevor sie ins Ausland gehen?

Das muss natürlich jeder für sich selbst beurteilen und entscheiden können. Aber ich finde es enorm wichtig, dass sich junge Spieler zuerst in der Schweiz behaupten. Immer wieder sieht man junge, talentierte Spieler, die vielleicht etwas zu früh den Sprung ins Ausland machen oder zu einem der Top-5-Ligen wechseln und sich dann dort nicht durchsetzen und in die Schweiz zurückkehren. Natürlich befinden wir uns momentan in einer Zeit, wo es gerade als Verein wichtig ist, früh genug junge Spieler zu entdecken und sie zu holen, doch man sollte sich als Spieler immer im Klaren sein, ob es auch wirklich der richtige Zeitpunkt ist. Denn man sollte nicht nur körperlich, sondern auch psychisch bereit sein, sich in einer neuen Mannschaft im Ausland zu orientieren und zu behaupten.

  • Was sind deiner Meinung nach die Stärken der Super League/Challenge League im Vergleich zu anderen europäischen Ligen?

Um ehrlich zu sein, kann ich die Challenge League nicht so gut beurteilen, weil es schon ziemlich lange her ist, dass ich dort gespielt habe und ich im Moment gar nicht dazu komme, die Challenge League zu verfolgen. Aber im Allgemeinen denke ich, dass die Challenge League ein gutes Niveau hat. Die Super League hat definitiv ein hohes Niveau erreicht. Die Teams der Super League holen immer wieder namhafte Spieler mit viel Erfahrung, aber andererseits haben sie auch viele junge Talente, die sie im Land ausbilden. Es ist kein Geheimnis, dass die Super League ein gutes Sprungbrett für die Big-5 ist.

  • Wie bereitest du dich auf Spiele vor, sowohl physisch als auch mental? Gibt es eine spezielle Routine?

Routine ist für mich mein Wochenplan, den ich vollständig einhalte. Meine körperlichen Komponenten sind neben dem Mannschaftstraining auch Krafttraining oder Massagen. Das bedeutet für mich unter anderem: welche Übung mache ich, wie oft mache ich die Übungen, wie viele Sätze, wie viele Wiederholungen usw. Und mental bewege ich mich in meiner eigenen Welt, wo ich einfach mein Ding durchziehe. Ich lerne gerne viel Neues und trainiere meinen Geist fast jeden Tag. Zum Beispiel höre ich oft Podcasts, mache Atemübungen oder meditiere. Ansonsten gibt es keine speziellen Routinen, die ich vor dem Spiel durchführe.

  • Was ist deiner Meinung nach das Beste an deinem Job als Fussballprofi und was macht dir am meisten Spass?

Ich denke, das Beste daran, Fussballprofi zu sein, ist, dass man ohnehin den Job ausüben kann, den man liebt. Natürlich steht man als Spieler immer unter Druck, Leistung zu bringen, die Fans glücklich zu machen, Spiele zu gewinnen, Tore zu erzielen usw., aber am Ende des Tages sollten wir uns alle glücklich schätzen, dass wir unsere Leidenschaft zum Beruf gemacht haben. Wir alle haben mit einem Kindheitstraum angefangen, und heute sollten wir dankbar sein, dass wir mit unserem Hobby Geld verdienen können.

  • Wie gehst du als Profi mit Rückschlägen wie einer Niederlage oder einer Verletzung um?

Ich habe leider viele Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt, mit vielen Rückschlägen und Verletzungen in meiner Karriere. Es ist überhaupt nicht einfach, man muss mental stark bleiben. Aber man muss es auch als Chance sehen. Denn in solchen Phasen hat man oft genug Zeit, sich in anderen Bereichen weiterzuentwickeln. So schafft man es sogar, noch stärker aus einer Verletzung zurückzukommen.

  • Wie wichtig sind die Fans und ihre Unterstützung für dich als Fussballprofi?

Natürlich sehr wichtig, ohne die Fans wäre es für mich nicht derselbe Sport. Ich merke das jedes Mal aufs Neue, wenn die Fans einen unterstützen und pushen, das ist eine enorme Motivation. Auch jetzt, nach meinem ersten Heimspiel im Olympiastadion in Berlin, mit 40'000 Fans auf den Tribünen! Das ist einfach Wahnsinn, ein unbeschreibliches Gefühl! Deshalb sind die Fans eines der wichtigsten Dinge für mich.

  • Wolltest du schon immer Fussballprofi werden? Wenn ja, warum?

Ja, natürlich. Wir alle hatten diesen Traum als Kind. Wir wollten alle Profifussballer werden. Ich bin nur etwas später als andere in die Juniorenabteilung von YB gekommen, weil ich vorher lange in anderen Vereinen auf Amateurebene gespielt und nebenbei eine Berufsausbildung bei der Bank gemacht habe. Aber ich hatte immer meinen Traum und mein Ziel vor Augen, und so schaffte ich irgendwann den Sprung ins U18-Team von YB. Ich bin sehr dankbar, dass ich heute dieses Leben als Profifussballer führen kann.

  • Was rätst du jungen Spielern, die gerne selbst einmal Fussballprofi werden möchten?

Konstanz, Konstanz, Konstanz. Es geht wirklich immer darum, konsequent zu sein und hart zu arbeiten. Man sollte sowohl bei Rückschlägen als auch bei guten Leistungen bescheiden bleiben und stets Dankbarkeit zeigen. Bleib konzentriert und behalte dein Ziel immer vor Augen. Wie sagt man so schön: Hard Work Beats Talent. Glaube an dich und deine Ziele und arbeite jeden Tag hart dafür.

  • Gibt es eine bestimmte Mannschaft oder Liga, in der du eines Tages gerne spielen würdest?

Schwierig zu beantworten, denn für mich ist Hertha BSC schon ein toller Erfolg! Hier spielt man nicht nur in einem Traditionsverein, sondern für gewöhnlich auch in einer der Top-5-Ligen. Und deshalb wollen wir als Mannschaft Hertha unbedingt wieder dahin bringen, wo sie hingehört, in die 1. Bundesliga.

  • Ist die Schweizer Nationalmannschaft nach wie vor ein Ziel für dich?

Definitiv. Die Nationalmannschaft muss immer ein Ziel sein. Für mich zählt in erster Linie, Höchstleistungen für den Verein zu erbringen, und dafür muss ich als Stürmer Tore erzielen. Wenn dies zu einer Nominierung für die Nationalmannschaft führt, wäre das für mich natürlich fantastisch.

  • Was ist dein Lieblingsessen und gibt es ein Gericht, das du besonders gut kochen kannst?

Hmm … Ich habe nicht wirklich ein Lieblingsessen, aber nach dem Spiel esse ich gerne ab und zu eine neapolitanische Pizza, das liebe ich. Was ich besonders gut kochen kann? Auch schwer zu beantworten, meistens schaue ich einfach, dass ich gesunde Gerichte koche und auch auf meine Ernährung achte, bei mir zu Hause gibt es eigentlich fast nur gesunde Gerichte. Aber eine Bowl, mit Falafel oder Lachs und verschiedenen Gemüsesorten, kann ich noch ganz gut machen.

  • Welche Art von Musik hörst du am liebsten und gibt es einen bestimmten Künstler, den du bevorzugst?

Ich habe keinen bestimmten Künstler, den ich bevorzuge, aber ich mag Hip-Hop und deutschen Rap.

  • Was ist dein Lieblingsfilm/-serie?

Im Moment keine, da ich sowieso fast nie Zeit dafür finde.

  • Was sind deine Hobbys neben dem Fussball?

Ich würde mich als Community-Mensch bezeichnen, denn ich liebe es, mit Leuten zusammenzukommen und etwas zu unternehmen. Ich mag es zwar, etwas für mich selbst zu tun, aber ich verbringe auch sehr gerne Zeit mit meiner Familie, meiner Freundin und meinen Freunden. So gehe ich zum Beispiel gerne einen Kaffee trinken oder spazieren. Wenn ich allein bin, nehme ich meine Kopfhörer mit und höre unterwegs Podcasts.

  • Was ist dein liebstes Reiseziel und wo würdest du gerne noch hinreisen?

Schwer zu sagen. Ich war noch nie auf den Malediven, das würde ich schon gerne mal gesehen haben. Aber ein Lieblingsreiseziel habe ich nicht wirklich, obwohl ich in den letzten beiden Sommern in Griechenland war, weil es dort einfach immer schön ist.